| Nun lieg' ich hier, ich Eul' und Spiegel
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| Mein Leben geht zu Ende
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| Den Spiegel hab' ich euch gezeigt
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| Damit ihr euch selbst erkennet
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| Der Eule Weisheit hab' ich auch
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| Hab' sie oft angewendet
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| Ich hab' den Pfaffen damit genarrt
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| Den Fürsten, die Majestäten
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| Riss Honigdieben an dem Bart
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| Störte den Papst beim Beten
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| Bald wird dies alles zu Ende sein
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| Drum lass' ich zurück das Spiegelein
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| Vielleicht könnt ihr’s gebrauchen
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| Ein Pfaff tritt an Tills Sterbebett
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| Will ihn geistlich zur Ader lassen
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| «Bereue, Till, was du getan
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| Und nimm den rechten Glauben an
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| Eine süßen Tod wirst du sterben dann»
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| So spricht zu ihm der Gottesmann
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| «Und bist auch frei von Sünden.»
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| «Ich will nicht frei von Sünden sein
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| Und der Tod, der bleibet bitter
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| Doch sag mir nur, wo ist dein Gott
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| Mag er nicht selber kommen
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| Vielleicht würd' er sich freuen dran
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| An alledem, was ich getan
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| Ich könnt' einen Narren brauchen.»
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| Der Priester weist auf das Kreuz, das er trägt
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| «Schau, ich hab' ihn hergetragen
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| «Oh, ist er schwach und kränker als ich
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| Dass sich ein Pfaff' muss plagen
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| Ich hoff', dein Gott wird bald gesund
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| Ich brauche ihn in meinem Bund
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| Drei Ding' will ich noch wagen
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| Ich schneid den Pfaffen die langen Röcke ab
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| Die braucht der arme Mann im Winter
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| Satten Fressern schlag' ich den Dolch in den Hals
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| Mit dem sie in den Zähnen bohren
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| Und die, die ohnmächtig sind
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| Den Bauersmann, sein Weib und Kind
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| Will ich das Lachen lehren."
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| Till wurde zu Grabe gebracht
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| Er hat ein Testament gemacht
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| Darin er drei beschenket
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| Ein Teil gehört dem Pfaffenkreis
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| Ein anderer ist der Fürsten Preis
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| Der dritte gehört dem Bauern
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| Als man ihn in die Grube lässt
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| Die Bahre sich vom Seile löst
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| Steht aufrecht Eulenspiegel
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| Man sagt: «Lasst ihn nur aufrecht stan
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| So wie er’s alle Zeit getan
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| So soll er jetzt auch bleiben.»
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| Bald bricht man Tills Kiste auf
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| Und findet Steine drin zu Hauf
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| Und keine Spur vom Golde
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| «Den Schatz stahl uns der Bauersmann!»
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| Das sagen Fürst und Pfaffen dann
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| «Dafür soll er uns büßen.»
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| Soldaten werden aufgehetzt
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| Und auf die Bauern angesetzt
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| Um diese zu erschlagen
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| Tills Steine passen den Bauern gut
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| Man wirft sie auf die Fürstenbrut
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| Und die Pfaffen raffen die Röcke
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| Till Eulenspiegels letzter Streich
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| Macht zwar den armen Mann nicht reich
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| Doch hilft’s ihm, sich zu wehren
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| Die Macht, der man sich meistens fügt
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| Hat hier doch einmal nicht gesiegt
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| Durch Eulenspiegels Erbe |