| Beim Blättern in den Bildern meiner Kindheit | 
| Find' ich viele vergilbt in all' den Jahr’n | 
| Und andre von fast unwirklicher Klarheit | 
| Von Augenblicken, die mir wichtig war’n | 
| Von Großmutter, die beim Kartoffelschälen | 
| Die Frühjahrssonne im Vorgarten nutzt | 
| Ich spiel' im Sand und höre sie erzählen | 
| Und weiß, dass — wenn sie mich erwischt — sie mir die Nase putzt | 
| Wie manches, dem wir kaum Beachtung schenken | 
| Uns dennoch für ein ganzes Leben prägt | 
| Und seinen bunten Stein, als ein Andenken | 
| Ins Mosaik unserer Seele trägt! | 
| Die Suchlisten an den Rot-Kreuz-Baracken | 
| Vater, der aus Gefangenschaft heimkehrt | 
| Der dürre, fremde Mann mit Stoppelbacken | 
| Der weinend die Bahngleise überquert | 
| Onkel Heinz, der mich in der Dorfgaststätte | 
| Heimlich an seinem Bier mittrinken lässt | 
| Ich zieh' auch mal an seiner Zigarette | 
| Und Tante Ille denkt, ich sei derweil beim Kinderfest | 
| Wie manches, dem wir kaum Beachtung schenken | 
| Uns dennoch für ein ganzes Leben prägt | 
| Und seinen bunten Stein, als ein Andenken | 
| Ins Mosaik unserer Seele trägt! | 
| Die Dramen, morgens vor dem Kindergarten | 
| Verzweiflung, wenn Mutter gegangen ist | 
| Die Qual, einen Tag lang auf sie zu warten | 
| Und immer Angst, dass sie mich hier vergisst | 
| Sonntage, wenn Verwandte uns besuchen | 
| Wenn alles lacht und durcheinander spricht | 
| Geschirr klirrt — draußen gibt’s Kaffee und Kuchen | 
| Johannisbeer’n im Garten funkeln rot im Sonnenlicht | 
| Wie manches, dem wir kaum Beachtung schenken | 
| Uns dennoch für ein ganzes Leben prägt | 
| Und seinen bunten Stein, als ein Andenken | 
| Ins Mosaik unserer Seele trägt! |