| In Erwartung jener Stunde, die man halt nicht vorher kennt | 
| Nehm' ich mir Papier und Feder und beginn mein Testament | 
| Schreibe meinen letzten Willen, doch ich hoffe sehr dabei | 
| Dass der Wille, den ich schreibe, doch noch nicht mein letzter sei | 
| Aber für den Fall der Fälle halte ich ihn schon bereit | 
| Dabei täte mir der Fall der Fälle ausgesprochen leid | 
| Meinen Nachlass zu verwalten, geb' ich dir allein Vollmacht | 
| So weiß ich, dass mit dem Nachlass keiner keinen Unfug macht | 
| Geh' zunächst zum Biergroßhändler, der schon schluchzt und lamentiert | 
| Weil er mit mir eine Stütze seines Umsatzes verliert | 
| Schenk' ihm all die leeren Flaschen, die bei uns im Keller steh’n | 
| Mit dem schönen Posten Leergut wird es ihm schon besser geh’n | 
| Was danach an guten vollen Flaschen noch im Keller ist | 
| Die vermach' ich Euch, Ihr Freunde, die Ihr sie zu schätzen wisst | 
| Als Dank für die guten Stunden, die Ihr mir gegeben habt | 
| Als Dank dafür, dass Ihr heut' noch hinterm schwarzen Wagen trabt | 
| Ich vermach' Euch Fass und Flaschen, euch zum Wohle, mir zum Trost | 
| Ich hätt' gerne mitgetrunken, leider geht’s nicht, na denn Prost | 
| Alles, was ich an irdischen Gütern habe, Hund und Haus | 
| Vermach' ich dir, meine Freundin, mache du das Beste draus | 
| Und erscheinen dir die Räume plötzlich viel zu eng und klein | 
| Öffne den Freunden die Türen, und das Haus wird größer sein | 
| Verschenke, was immer du verschenken willst vom Inventar | 
| Sei mit denen die dich bitten, großzügiger, als ich es war | 
| Meine Träume, meine Ziele, sind bei dir in guter Hand | 
| Die, die ich so gut geliebt hab', wie ich es nun mal verstand | 
| Ich wollte die Welt verbessern, ohne viel Erfolg scheint mir | 
| Mach du, wo ich aufhör', weiter, und vielleicht gelingt es dir | 
| Das wird dich darüber trösten, wenn ich nicht mehr bei dir wohn' | 
| Dann werd' wieder die Glücklichste, die Schönste bist du ja schon | 
| Meine Verse, meine Lieder, gehör'n dir ja ohnehin | 
| Die, die mich so sehr geliebt hat, mehr vielleicht, als ich’s verdien' | 
| Denn durch dich hab' ich, wenn heut' schon meine letzte Stunde kommt | 
| Viel mehr als nur jenen Teil vom Glück gehabt, der mir zukommt | 
| So bedaur' ich eine in jener Stunde nur, dass offenbar | 
| Uns das Los von Philemon und Baucis nicht beschieden war | 
| Aber eines freut mich doch, wenn ich heut' sterbe, ungeniert | 
| Hab' ich meine Widersacher doch noch einmal angeschmiert | 
| Denn ich hör' die Lästermäuler Beileid heucheln und sogar | 
| Murmeln, dass ich stets der Beste, Liebste, Allergrößte war | 
| Euch, Ihr Schleimer, hinterlass' ich frohen Herzens den Verdruss | 
| Dass man von dem frisch Gestorb’nen immer Gutes sagen muss | 
| Mein Vermächtnis ist geschrieben, klaren Kopfes bis zuletzt | 
| Ich lass' noch Platz für das Datum, den Rest unterschreib' ich jetzt | 
| Dieses ist mein letzter Wille, doch ich hoffe sehr dabei | 
| Dass der Wille, den ich schreibe, doch noch nicht mein letzter sei | 
| Wär er’s doch, schreib' auf den Grabstein, den ich mir noch ausbeding': | 
| «Hier liegt einer, der nicht gerne, aber der zufrieden ging» |