| Zehn Minuten dauerte die große Autofahrt genau. | 
| Dann stand ich auch schon gestrandet in einem biblischen Stau: | 
| Eine Baustelle am Horizont, Vollsperrung, ich sah rot, | 
| Ich fluchte, spielte am Radio und suchte mein Butterbrot. | 
| Ich fand es verlockend knisternd im Handschuhfach, eine Pracht! | 
| Diese Art von Butterbrot, die keiner so wie Ilse macht: | 
| Noch das Brotpapier beschriftet mit .E"und «R"fürsorglich, | 
| Dieses «E"heißt Emmentaler und das «R», es ist für mich. | 
| Ich packte es aus, es duftete betörend | 
| Noch die warme Backstube heraufbeschwörend. | 
| Die knusprige Kruste splitterte, lustvoll biß ich hinein | 
| Und mir fielen alle Butterbrote meines Lebens ein: | 
| Diese Köstlichkeit, die meine Oma mir auf einem Brett | 
| Mitleidig ins Zimmer schob .Tja, ohne Abendbrot ins Bett!" | 
| Ein Radieschenbrot und eins mit Quark und Schnittlauch, welch ein Fest! | 
| Und noch eins mit Rübensirup, ich liebte Stubenarrest! | 
| Oder wenn mein Vater abends von der Arbeit wiederkam | 
| Und aus seiner Aktentasche diese Alubüchse nahm, | 
| Die ein roter Einweckgummi doppelt genommen umschloß, | 
| Den er sorgfältig abstreifte, wie ich dieses Spiel genoß, | 
| Wenn er den matt-silbrigen Deckel aufmachte | 
| Und vom Brot, das er wieder nach Hause brachte, | 
| Mir und meiner Schwester schweigend je eine Hälfte anbot. | 
| Hab' nie was Besseres gegessen, als Vaters Hasenbrot. | 
| Was war das für ein steinhartes und zugleich köstliches Brot, | 
| Das man Mutter auf dem Schwarzmarkt für die alte. | 
| Leica"bot! | 
| .Es gibt kein hartes Brot, es gibt nur kein Brot und das ist hart!" | 
| Den Spruch hab ich früh gelernt, begriffen und mir wohl bewahrt: | 
| Keinen Bissen soll ich kriegen oder ersticken daran, | 
| Wenn ich jemals ein Stück Brot achtlos zu Boden werfen kann! | 
| Ich hab bei Meistern gegessen, Sternezaubrern hinterm Herd, | 
| Aber was ich über ihre Künste nie vergessen werd, | 
| Ist das Brot, das warm und luftig aus der Meisterküche kam | 
| Und den Abdruck meiner Zähne mit der dicken Butter nahm, | 
| Ist das Tellerchen, das ich meiner Mutter bereitet hab, | 
| Das dem Tellerchen so ähnlich war, das sie als Kind mir gab: | 
| Brot zu Würfeln klein geschnitten ohne Rinde, das, wies scheint, | 
| Alle Kinder kriegen, wenn’s das Leben gut mit ihnen meint — | 
| Auch was mich angeht: Für meine letzte Reise | 
| Begehr' ich keine königlichere Speise! | 
| Hupen, Anlasser, Motoren, der Weg war nicht mehr verstellt, | 
| Ich fuhr an und dachte: Ich hab alle Reichtümer der Welt! | 
| Ich kann atmen, ich kann lieben, und ich leide keine Not. | 
| Ich bin frei und hab in meinem Handschuhfach ein Butterbrot! |