| Nicht weit von meiner Wohnung wurde vor nicht langer Zeit | 
| Was ich durchaus begrüß', ein Kindergarten eingeweiht | 
| Nun muss noch auf den Rasenplatz davor ein Stück Kultur | 
| Nicht etwa eine Schaukel, nein, eine Skulptur! | 
| Dafür hat man einen Künstler aus Grönland engagiert | 
| Der dort mit Schmieröl und Walfischkot experimentiert | 
| Ich hab' nichts gegen Eskimos, ich frag' mich nur, warum | 
| Laufen bei uns so viele arbeitslose Bildhauer herum | 
| Wie dem auch sei, das Kunstamt hat auch für mein Steuergeld | 
| Die Plastik «Kind und Chaos» auf dem Rasen aufgestellt | 
| Seitdem trau’n sich die Kinder nur mit Tränen und Geschrei | 
| Und auch nur unter Strafandrohung an dem Ding vorbei | 
| Nicht eine Taube, die auf «Kind und Chaos» niederschwebt | 
| Und kein Hund muss so nötig, dass er’s Bein daran hebt | 
| Was mich betrifft, ich hab' die Faxen satt | 
| Sieht denn hier keiner, dass der Kaiser keine Kleider anhat? | 
| Das ist weder neu noch orginell, das ist nur beknackt — | 
| Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt! | 
| Mit Cola, Chips und Popcorn sitz' ich voll Erwartung da | 
| Im Fernseh’n kommt der große Showstar aus Amerika | 
| Und die Programmzeitschrift sagt, der sei dort unheimlich beliebt | 
| Die Klasse Entertainer, die es halt nur drüben gibt | 
| Und damit man ihn nun auch in uns’ren Landen entdeckt | 
| Hat ein Redakteur wochenlang bei ihm Speichel geleckt | 
| Aha, die Show fängt an, jetzt zeigt er, dass er tanzen kann | 
| Wie die Hupfdohlen von der Volkstanzgruppe nebenan | 
| Und dann singt er Evergrenns und lässt auch «Mamie Blue» nicht aus | 
| Oh, Mann, diese Meterware hängt mir so zum Halse 'raus | 
| Und eigentlich nimmt’s jedes Schlagersternchen mit ihm auf | 
| Denn «People» und «My Way» hat hier auch jeder Trottel drauf | 
| Und den Sketch auf Englisch würd' ich sicher auch nicht versteh’n | 
| Hätt' ich ihn nicht drei Klassen besser mit Hans Moser geseh’n | 
| Was mich betrifft, ich hab' die Faxen satt | 
| Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat? | 
| Das ist weder neu noch orginell, das ist nur beknackt — | 
| Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt! | 
| Was früher meine Kneipe war, heißt heute «Chez Janine» | 
| Janine heißt Jutta Specht und macht jetzt auf «Nouvelle Cuisine» | 
| Und weil was «Neu» und «Küche» heißt, mich brennend interessiert | 
| Hab' ich dann auch das große Feinschmecker-Menu probiert: | 
| Als Vorspeise den Gurkenwürfel auf Kressepüree | 
| In hausgemachtem Kräutersud mit Wacholdergelee | 
| Danach ein handgeschnitt’nes Steak vom selbstgeheizten Grill | 
| Hauchdünn, dazu Karottensplitter mit pochiertem Dill | 
| Nach langem Suchen hab' ich dann auch das Dessert entdeckt | 
| Geraspeltes Melonenmark, mit Kokos abgeschmeckt | 
| Wer nun so’n spackes Handtuch ist, wie ich, ist drauf erpicht | 
| Dass er ordentlich Nachschlag kriegt — gab es aber nicht | 
| Dafür 'ne dicke Rechnung, mit dem letzten Wechselgeld | 
| Hab' ich mich bei der nächsten Bratwurstbude angestellt | 
| Was mich betrifft, ich hab' die Faxen satt | 
| Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat? | 
| Das ist weder neu noch orginell, das ist nur beknackt — | 
| Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt! | 
| So könnte ich noch stunden-, ach was, tagelang erzähl'n | 
| Von Beutelschneidern, Scharlatanen und sonstigen Gesell’n | 
| Vom großen Opernschöpfer, dem kein Mensch sagt, dass er spinnt | 
| Weil die, die dahin geh’n, ja doch taub und versteinert sind | 
| Vom Lyriker, der sich vor Lachen in die Hose macht | 
| Weil alles glaubt, er habe sich bei seiner Lyrik was gedacht | 
| Vom Städteplaner, der die Schönheit von Beton erklärt | 
| Und dann am Abend in sein Bauernhaus auf’s Land rausfährt | 
| Sie gleichen sich im Grunde wie ein Ei dem ander’n gleicht | 
| Wir woll’n ja, dass sie uns verkohl’n, wir glauben ja so leicht | 
| Ein bißchen Skepsis ließe sie schon völlig bloß dasteh’n | 
| Man müsste sich nur angewöh'n, besser hinzuseh’n | 
| Und ruhig lachen, wenn was lächerlich ist, und zwar laut! | 
| Und wenn man auch der einz#ge ist, der sich zu sagen traut: | 
| Was mich betrifft, ich hab' die Faxen satt | 
| Sieht denn hier keiner, daß der Kaiser keine Kleider anhat? | 
| Das ist weder neu noch orginell, das ist nur beknackt — | 
| Seht doch mal richtig hin, der arme Kerl ist splitternackt! |