| Ich trag' den Staub von deinen Straßen | 
| An meinen Schuhen heute noch mit mir herum | 
| Ich hab' sie halt nie putzen lassen | 
| Nur aus Vergesslichkeit? | 
| Nun ja, vielleicht darum | 
| In tausend Liedern hat man dich besungen | 
| Da kommt es nun auf ein Lied mehr ja auch nicht an | 
| Ich hab' den Kopf voll von Erinnerungen | 
| Mehr als ich wohl in einem Lied erzählen kann | 
| Von Moabit bis hin nach Lichtenrade | 
| Vom Wedding bis hinauf nach Wittenau | 
| Da kenn' ich Kneipen, Plätze, Fassaden | 
| Wie jedes Loch in meinen Taschen so genau | 
| Da gibt es Kneipen, wie vor hundert Jahren | 
| Da steh’n am Tresen noch die Stammkunden umher | 
| Die zur Eröffnung auch schon hier waren | 
| Da gibt es Dinge, die gibt es schon fast nicht mehr | 
| Da ist der Bierhahn niemals ganz geschlossen | 
| Da steht ein Brotkorb, und der ist für jeden frei | 
| Und mancher holt sich dort sein Almosen | 
| Und isst’s im Duft von Eisbein und Kartoffelbrei | 
| Da gibt es Straßen voller Glanz und Flitter | 
| Und ein paar Schritte weiter and’re Straßen, wo | 
| Die Tür'n verschloss’ner als Kerkergitter | 
| Die Pflastersteine härter sind, als anderswo | 
| Da gibt’s Fassaden, die wie damals prangen | 
| Und jeder Mauerstein erzählt: «Es war einmal» | 
| Als wär' die Zeit dran vorbeigegangen | 
| Dann gibt es andere, da war es nicht der Fall | 
| Da gibt es Heilige und Sonderlinge | 
| Weltenerlöser und Propheten aller Art | 
| Und man hört lächelnd verworr’ne Dinge | 
| Von Weltenuntergang und sünd'ger Gegenwart | 
| Da gibt’s noch Seen und richtige Wälder | 
| Mit echten Förstern drin, in zünft'ger Tracht | 
| Da gibt’s noch richtige Wiesen und Felder | 
| Und echte Füchse sagen sich dort gute Nacht | 
| Da gibt es Laubenpieper, deren Gärten | 
| Ein Stückchen Sanssouci, ein Stückchen Acker sind | 
| Vor Apfelbäumen und Gartenzwergen | 
| Dreh’n unverdrossen kleine Mühlen sich im Wind | 
| Da gibt es Dorfau’n, wie im Bilderbogen | 
| Auf denen spenden Gaslaternen gelbes Licht | 
| Da sind die Vorhänge zugezogen | 
| Und hinter jedem Vorhang regt sich ein Gesicht | 
| Da gibt es Wüsten aus Beton und Steinen | 
| Und alle Straßen darin sind gespenstisch leer | 
| Wie eine Fata Morgana scheinen | 
| Noch ein paar Schrebergärten vor dem Häusermeer | 
| Höfe, in die sich keine Fremden wagen | 
| In denen immer grade irgendwas passiert | 
| In denen, wie hier die Leute sagen | 
| Man mit dem Schießeisen die Miete abkassiert | 
| Da gibt’s von Zeit zu Zeit noch einen greisen | 
| Halbtauben Lumpensammler, der am Haustor schellt: | 
| «Ankauf von Lumpen, Papier, Alteisen!» | 
| Schon fast ein Fabelwesen einer and’ren Welt | 
| Der Braunbierwagen fährt längst and’re Lasten | 
| Den Scherenschleifer und den Kesselschmied | 
| Den Alten mit seinem Leierkasten | 
| Die gibt es fast nur noch in meinem Lied | 
| Ich trag' den Staub von deinen Straßen | 
| An meinen Schuhen heute noch mit mir herum | 
| Ich habe sie halt nie putzen lassen | 
| Nur aus Vergeßlichkeit? | 
| Nun ja, vielleicht darum |