| Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch
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| Schlägt mit der Faust auf den Eichentisch:
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| «Heut' fahr' ich selbst hinüber nach Sylt
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| Und hol' mir mit eig’ner Hand Zins und Gült!
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| Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen
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| Sollen sie Nasen und Ohren lassen
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| Und ich höhn ihrem Wort:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt
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| Stützt sich finster auf sein langes Schwert
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| Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit
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| Steht Jürgen, der Priester, beflissen bereit
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| Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken:
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| «Der Obrigkeit helf ich, die Frevler packen
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| In den Pfuhl das Wort:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| Gen Hörnum hat die Prunkbarke den Schnabel gewetzt
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| Ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt
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| Und es knirschen die Kiele auf den Sand
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| Und der Ritter, der Priester springen ans Land
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| Und waffenrasselnd hinter den beiden
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| Entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden
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| «Nun gilt es, Friesen:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| Die Knechte umzingeln das erste Haus
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| Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus
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| Der Ritter, der Priester treten allein
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| Über die ärmliche Schwelle hinein
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| Des langen Peters starkzählige Sippe
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| Sitzt grad an der kargen Mittagskrippe
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| Jetzt zeige dich, Pidder:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Der Ritter verneigt sich mit hämischem Hohn
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| Der Priester will anheben seinen Sermon
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| Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
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| Und verbeugt sich noch einmal: «Ihr erlaubt
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| Dass wir euch stören bei euerm Essen
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| Bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen
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| Und euer Spruch ist ein Dreck:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
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| «Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum!
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| Wir waren der Steuern von jeher frei
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| Und ob du sie wünschst, ist uns einerlei!
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| Zieh ab mit deinen Hungergesellen
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| Hörst du meine Hunde bellen?
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| Und das Wort bleibt stehn:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| «Bettelpack!», fährt ihn der Amtmann an
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| Und die Stirnader schwillt dem geschienten Mann:
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| «Du frisst deinen Grünkohl nicht eher auf
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| Als bis dein Geld hier liegt zu Hauf!»
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| Der Priester zischelt von Trotzkopf und Bücken
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| Und verkriegt sich hinter des Eisernen Rücken
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| O Wort, geh nicht unter:
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!
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| Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an
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| Immer heftiger in Wut gerät der Tyrann
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| Und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
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| «Nun geh an deinen Trog, du Schwein!»
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| Und er will, um die peinliche Stunde zu enden
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| Zu seinen Leuten nach draußen sich wenden
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| Dumpf dröhnts von drinnen:
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| «Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| Einen einzigen Sprung hat Pidder getan
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| Er schleppt an den Napf den Amtmann heran
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| Und taucht ihm den Kopf ein, und lässt ihn nicht frei
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| Bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei
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| Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern
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| Brüllt er, die Thüren und Wände zittern
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| Das stolze Wort:
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| «Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!»
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| Der Priester liegt ohnmächtig ihm am Fuß
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| Die Häscher stürmen mit höllischem Gruß
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| Durchbohren den Fischer und zerren ihn fort
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| In den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord
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| Pidder Lüng doch, ehe sie ganz ihn verderben
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| Ruft noch einmal im Leben, im Sterben
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| Sein Herrenwort:
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| «Lewwer duad üs Slaav!
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| Lewwer duad üs Slaav!» |